Landespolitik: Bildung konkret

Wer die Bildungspolitik eines Bundeslandes kennt, weiß, daß es die vielen kleinen konkreten Details sind, die einen Einfluß auf das Gesamtsystem „Bildung“ haben. Da Bildung Ländersache ist, konzentrieren wir uns im Folgenden auf ein mehr oder weniger fiktives Bundesland, für das wir konkrete Ansätze sozialdemokratischer Bildungspolitik beschreiben wollen. Es folgt also ein Muster für Forderungen und Vorhaben, wie sie in einem Wahlprogramm unter der Überschrift „Gute Bildung für alle – bessere Schulen für unsere Kinder“ stehen könnten. Jeder einzelne Punkt ist in der Wirklichkeit eine mittelgroße Baustelle und erfordert, aus dem Modus des Administrierens in den Modus des Gestaltens zu kommen.

Bildung ist die Grundlage eines selbstbestimmten und erfolgreichen Lebens

Die Schulen in unserem Land stehen wie alle Schulen in Deutschland vor ernsten Herausforderungen. Unsere Kinder und Jugendlichen sollen heute auf ein selbstbestimmtes Leben und ein erfolgreiches Berufsleben in einer durch den digitalen Wandel geprägten Einwanderungs­gesellschaft vorbereitet werden. Wir wollen sie nach ihren Begabungen und Interessen bestmöglich fördern.

Die Leitfragen für unsere Bildungspolitik sind: Was sollen Schüler lernen? Wie sollen sie es lernen? Mit wem sollen sie es lernen?

Wir sind uns bewußt, daß die Umwälzungen in der Welt und auch in Deutschland es erfordern, Schule gemeinsam weiterzuentwickeln, neu zu denken und zu gestalten. Schule soll im Bildungsland [Landesname] allen ihre individuellen Chancen eröffnen und den Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern.

Schüler sollen zu Leistung befähigt und motiviert werden und vor allem auch lernen, wodurch sie sich von durch Algorithmen gesteuerte Maschinen unterscheiden: Teamarbeit, Kunst, Musik. Sie sollen auch verstehen, wie Algorithmen die Welt verändern und die Sicht auf ihre Lebenswelt. Sie sollen vor allem jene überzeitlichen Werte kennen und verinnerlichen, ohne die weder unsere europäische Gesellschaft noch die Wirtschaft im digitalen Wandel bestehen kann.

Schüler brauchen Raum, um zu lernen, zu experimentieren, miteinander zu arbeiten und zu spielen, allein, in kleineren oder größeren Gruppen. Wir wollen den schulischen Unterricht und die Schulgebäude schrittweise so gestalten, daß allen Schülern dies ermöglicht wird (Nicht nur in Ganztags-schulen).

Wir wollen in den Schulen multiprofessionelle Teams schaffen. Mehr Menschen sollen in den Schulen sich dafür engagieren, Wissen zu vermitteln, Kompetenzen zu lehren, Kinder zu erziehen und Inklusion zu meistern. Zu diesem Zweck werden wir die Landesverantwortung in der Ressourcenausstattung der Schulen weiter ausbauen und gemeinsam mit den Schulträgern mehr Mittel für die Schulen zur Verfügung stellen, insbesondere zur Gestaltung von Ganztagsschulen.

1. Wir wollen die Qualität der Betreuung in den Kindertagesstätten verbessern und gemeinsam mit den Kommunen ein Qualitätssicherungssystem aufbauen. Unser Ziel ist es, den Betreuungsschlüssel bei Kindern unter drei Jahren auf 1 Betreuer für drei Kinder und bei Kindern über drei Jahren auf 1 Betreuer für 7-8 Kinder zu verbessern. Zudem werden wir eine dritte Betreuungsstufe einführen für Kinder, die einen größeren Betreuungsbedarf haben.

2. Wir wollen den Schulen eine größere Selbständigkeit und Freiräume geben, damit sie sich gemäß ihrem Schulprofil konsequent entwickeln können. Dadurch soll die Attraktivität der Schulen und die Unterrichtsqualität verbessert werden. Dazu werden wir das Schulgesetz und die weiteren Vorschriften verändern, um den Schulen mehr Selbstverantwortung zu geben. Im Rahmen dieser Selbstverantwortung wollen wir den Schulen auch die Personalverantwortung übertragen. Nur so können sie die notwendigen Prozesse wirklich selbst steuern und verantworten.

3. Wir wollen die Lehrerausbildung im Land [Landesname] ausbauen und qualitativ weiterentwickeln. Die Lehrer­ausbildung soll die anspruchsvollste in den Ländern werden. Dazu sollen die Eingangsvoraussetzungen und die Studieninhalte konsequent qualitativ weiterentwickelt werden, wie es vorbildhaft in Finnland passiert ist. Wir wollen dieses Ziel verfolgen, auch wenn es uns jetzt und in den kommenden Jahren noch an Lehrern mangelt.

4. Wir werden alles unternehmen, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Lehrer sollen besser qualifiziert werden für die Herausforderungen des digitalen Wandels und der Vielfalt unserer Einwanderungsgesellschaft. Sie sollen mehr pädagogische Freiheit in der Gestaltung ihres Unterrichtes erhalten sowie eine systematische Unterstützung bei der Entwicklung ihrer beruflichen Karriere. Zusätzliche berufliche Erfahrungen und Zusatzausbildungen sollen ihnen die Möglichkeit eröffnen, an zentralen Stellen im Schulsystem für qualitative Verbesserungen mit angemessener Bezahlung zu arbeiten.

5. Wir werden das Unterstützungssystem für die Schulen so weiterzuentwickeln, dass einzelne Schulen in Qualitätsentwicklungsprozessen kontinuierlich begleitet werden können. Insbesondere ist der Entwicklung der multiprofessionellen Teams an den Schulen große Aufmerksamkeit zu widmen. Ferner soll das Unterstützungssystem die Schulen bei der Unterrichtsentwicklung für die individuelle Förderung und die Inklusion effektiv unterstützen.

6. Wir werden die Ganztagsschulen im Land quantitativ und qualitativ ausbauen. Auch Gymnasien sollen sich als Ganztagsschulen organisieren können. Wir werden ein Modell entwickeln, um in den Schulen des Landes multiprofessionelle Teams effizient zu finanzieren und für unsere Kinder einzusetzen. Die Schulen sollen mehr Mittel zur freien Gestaltung erhalten, um ihre pädagogischen Ziele und Vorhaben zu verwirklichen.

7. Wir werden die Ressourcenzuweisungen an die Schulen, die Lehrerstellen und Sachmittel, nicht mehr nur anhand der Schülerzahlen berechnen, sondern neu konzipieren. Mit einer „bedarfsorientierten Ressourcensteuerung“, die unterschiedliche Parameter und dabei auch Sozialdaten mit einbezieht, sollen allen Schulen die notwendigen Ressourcen zugewiesen werden (so ist das z.B. in Hamburg üblich). Auf diese Weise werden Schulen nicht als „Brennpunktschulen“ gebrandmarkt und es sind keine „Bonusprogramme“ notwendig.

8. Wir wollen ein Abitur in in unserem Bundesland haben, das mit dem Abitur anderer Länder vergleichbar ist. Wir wollen kein Zentralabitur für alle, sondern den Schulen wieder die Möglichkeit einräumen, rund ¼ der Abituraufgaben für ihre Schüler selbst zu entwerfen (wie das in Rheinland-Pfalz praktiziert wird).

9. Sozialdemokratische Bildungspolitik fördert Schulen in der Nachbarschaft vor Ort. Kleine Schulen, insbesondere Grundschulen im ländlichen Raum werden wir erhalten oder auch wieder eröffnen, auch um Dörfern und Gemeinden ihre sozialen Mittelpunkte zu erhalten. Dazu ist auch eine Änderung der Zuweisungsschlüssel notwendig. Der Erhalt kleiner Schulen wird nicht an Sparvorgaben scheitern.

10. Wir werden die Digitalisierungsoffensive der Bundesregierung offensiv aufgreifen und die Schulen unseres Landes, die didaktischen Konzepte und die Vorgaben darauf ausrichten, daß unsere Kinder eine Allgemeinbildung erhalten, in der das Digitale kein Neuland mehr ist. Wir werden auch die Lehrer weiterqualifizieren und in der Digitalisierungs­offensive fachlich begleiten.

11. Wir streben den flächendeckenden Ausbau der Schulsozialarbeit im Rahmen multiprofessioneller Teams an allen Schulen an, so dass alle Schülerinnen und Schüler, alle Eltern und alle Lehrkräfte erreicht werden können. Gerade im Hinblick auf die besonderen Integrationserfordernisse sind die psychologischen und sozialpädagogischen Hilfen und Leistungen einer systematischen und unterstützenden Schulsozialarbeit unverzichtbar.

12. Wir werden die Schulen weiter ermutigen, mit außerschulischen Lernorten zu kooperieren und wir werden diese stärken, damit sie gewichtige Partner für die Schulen sind. Im Hinblick auf die Förderung jener Potentiale unserer Kinder, die nicht vom Kerncurriculum direkt angesprochen werden, sind außerschulische Lernorte unverzichtbar. Wir werden diese Potentiale und Begabungen unserer Kinder noch besser in den Blick nehmen, fördern und auch nachvollziehbar dokumentieren.

13. Die Potenziale der Berufsschulen wollen wir für die Integration durch Bildung und im Vorfeld einer beruflichen Ausbildung stärker nutzen. So soll der Übergang in eine reguläre duale Berufsausbildung besser gelingen. Die Berufsschulen sind für diese Brückenfunktion besser auszustatten. Die Bildungswege so zu gestalten, dass alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, einen berufsqualifizierenden Abschluss zu machen. Berufsschulen haben insbesondere auch eine wichtige Aufgabe zur Integration von Einwanderern, hierbei werden wir sie stärker unterstützen. Die Programme gegen Schulabstinenz und Schulmüdigkeit werden wir langfristig absichern.

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