Nationaler Bildungsrat: Hier sind wir gefragt!

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Im Koalitionsvertrag ist zwischen Sozialdemokraten und CDU vereinbart:

Wir wollen die Bildungschancen in Deutschland im gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern verbessern. Dafür wollen wir nach dem Vorbild des Wissenschaftsrates einen Nationalen Bildungsrat einrichten. Der Nationale Bildungsrat soll auf Grundlage der empirischen Bildungs- und Wissenschaftsforschung Vorschläge für mehr Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen vorlegen und dazu beitragen, sich über die zukünftigen Ziele und Entwicklungen im Bildungswesen zu verständigen und die Zusammenarbeit der beteiligten politischen Ebenen bei der Ge­staltung der Bildungsangebote über die ganze Bildungsbiographie hinweg zu fördern. (März 2018, S. 27)

Mittlerweile hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung zu den Stichworten „Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit“ die Aufgaben des Bildunsrates skizziert, so wie sie es sieht. Es drehe sich darum, Eltern mit Schulkindern den Umzug in andere Bundesländer zu erleichtern, eine Gleichwertigkeit des Abiturs zu erreichen und andere Schulzeugnisse mit Kriterien zu versehen, die ein vergleichbares Leistungsniveau garantierten.

Sodann wird eine Struktur für den Bildungsrat vorgeschlagen: eine Bildungskommission und einer Verwaltungskommission, was sich an den Erfahrungen des Wissenschaftsrates orientiert.

Der interessierte Bürger ist verblüfft und reibt sich die Augen. Sind das Themen, die den Aufwand eines Nationalen Bildungsrates rechtfertigen? Wo soll der Bildungsrat eigentlich verortet werden? Im luftleeren Raum zwischen Bund, Ländern und Kultusministerkonferenz (KMK)?

Ein Nationaler Bildungrat ist nur dann zu begründen, wenn er versucht, Antworten auf Fragen von nationaler Bedeutung zu liefern. Zuoberst steht da die Frage, was unsere Kinder im Rahmen der Allgemeinbildung an Fähigkeiten, Wissen, Verhalten, emotionaler Stabilität und Persönlichkeit lernen müssen, um ein Leben, das an die 80 bis 90 Jahre umfassen wird, gesund und erfolgreich und vor allem auch selbstbestimmt führen zu können.

Wenn sich der Aufwand also lohnen soll, dann hätte der Nationale Bildungsrat u.a. folgende Themen zu erörtern:

  1. Welche Rolle spielt das schulische Bildungssystem in der deutschen Einwanderungsgesellschaft und wie soll es den hieraus erwachsenden Anforderungen gerecht werden?
  2. Wie muss eine Schule heute aussehen, was muss sie vermitteln, damit unsere Kinder morgen in einer Welt des rapiden technischen Wandels erfolgreich bestehen können?
  3. Wie können wir die für das Funktionieren einer Demokratie lebensnotwendigen Fähigkeiten in der Schule mit vermitteln?
  4. Welchen Begriff von Bildung wollen wir der schulischen Bildung und der durch sie vermittelten Allgemeinbildung zugrunde legen?
  5. Welchen Raum geben wir den weiteren Aspekten unserer Kultur wie Kunst und Kreativität in unseren Schulen?
  6. Wie können wir die Spannung zwischen dem Erlernen von Kompetenzen und dem Vermitteln von „Lernstoff“ zukunftsfähig austarieren?
  7. Wie müssen wir die Lehrerausbildung verändern und verbessern, damit wirklich alle Kinder mitgenommen werden?
  8. Wie sieht die Schule der Zukunft aus, eine Ganztagsschule mit multiprofessionellen Teams? Gibt es andere Modelle?
  9. Wie können wir insbesondere auch die Eltern der Schulkinder ansprechen und an ihre Verantwortung und Pflicht für die Begleitung ihrer Kinder und die Förderung ihres Lernerfolges erinnern?
  10. Welcher Kooperationsstrukturen und Instrumentarien bedarf es, um in allen Ländern gemeinsam mit dem Bund eine erfolgreiche, leistungsorientierte und zukunftsfeste Schule für unsere Kinder zu entwickeln?

Ich denke, solche Fragen lohnen, sich auf Bundesebene dazu zusammenzusetzen und sich darüber auseianderzusetzen. Die Themen wie Vergleichbarkeit etc. sind genau genommen Aufgaben der Administration, die auch in der KMK bereits länger schon verhandelt werden. Ferner ist auch zu bedenken, daß der Passus im Koalitionsvertrag wonach der Bildungsrat auf „Grundlage der empirischen Bildungs- und Wissenschaftsforschung“ arbeiten solle, diesen stark einengt. Bildung ist einfach viel mehr, als sich empirisch messen läßt. Diese Beschränkung muß der Bildungsrat überwinden!

Wenn der Nationale Bildungsrat eine Wirkung entfalten soll, muß er jetzt gut konstruiert werden. Er braucht eine relevante Aufgabenstellung, ein starkes politisches Mandat, damit seine Ergebnisse und Empfehlungen auch die Schul- und Bildungspolitik deutlich beeinflussen können.

Wie wäre es, den Nationalen Bildungsrat beim Bundespräsidenten anzusiedeln? Er könnte einen Diskurs- und Arbeitsort bieten, um seine Mitglieder aus den Ländern, der Bundesregierung, Wissenschaft, Kultur und Praxis zu versammeln, die gemeinsam Empfehlungen formulieren. Und somit könnte er auch das politische Gewicht entwickeln, das notwendig sein wird, um Empfehlungen des Nationalen Bildungsrates im Geflecht der 16 Länder und des Bundes Wirklichkeit werden zu lassen.

Und nun zur SPD: Wo ist der Bildungspolitiker der Sozialdemokraten, der der Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft machtvoll und überzeugend entgegentritt und den Bürgern deutlich macht, worum es sich beim Nationalen Bildungsrat wirklich handeln muß (kein Konjunktiv)?

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